Chronik

Bericht: Manfred Ill, Stadtarchivar
(aus der Festschrift 125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Markdorf, 1986)

Die Feuerbekämpfung in einem Dorf oder in einer Stadt war einst ureigenste Aufgabe der Bürger und Bewohner gewesen. Dies galt auch für das kleine Städtchen Markdorf, dessen Bürger unter der Leitung des Bürgermeisters seit Jahrhunderten jeden Brand mit mehr oder weniger großem Erfolg bekämpften. Die Bewohner (ohne Bürgerrecht) hatten dabei wie im Frondienst auf Befehl des Bürgermeisters mit allen Kräften mitzuhelfen. Markdorf war im Laufe seiner Geschichte von großen Brandkatastrophen nicht verschont geblieben. So verbrannte 1386 die Oberstadt. 1467 und 1778 die Unterstadt, wobei infolge der damaligen Bauweise mit viel Holz nicht nur einzelne Gebäude, sondern zumeist mehrere Straßen abbrannten. In den engen Gassen war eine Brandbekämpfung äußerst schwierig, ganz abgesehen vom völligen Fehlen der für uns heute selbstverständlichen Feuerlöschtechnik. Wassereimer, Butten der Rebleute und Leitern dienten zur Feuerbekämpfung, doch zumeist half nur das schnelle Einreissen von Häusern, um eine schützende Feuergasse für eine weitere Ausdehnung des Brandes zu erhalten.

Aus dem Jahre 1527 stammen erste genaue Hinweise zur Feuerbekämpfung. Es war eine regelrechte Satzung für die "Feuersnot". Aus dem Text kann man recht anschaulich rekonstruieren, wie das Feuerlöschwesen vor über 400 Jahren in der Stadt funktionierte. Zunächst einmal war äusserste Vorsicht im Umgang mit offenem Feuer oberstes Gesetz. Waschen, Schlachten und Räuchern durfte nur an föhnfreien Tagen erfolgen, da der trockene kräftige Föhnwind im Falle eines Brandes besonders gefürchtet war. Wurde von Jemanden ein Brand entdeckt, so mußte durch "Feuerio"-Schreien die Bürgerschaft so schnell wie möglich alarmiert werden. Auf dem die Stadt einst weit überragendem Obertorturm saß ein eigener Wächter, der im Brandfall sein Horn blies, weshalb dieser Turm einst auch "Blaserturm" geheißen wurde. Bis zum vierten Haus vom unmittelbaren Feuer entfernt war es den Bewohnern dieser Häuser gestattet, persönlich ihr Hab und Gut zu retten. Alle anderen mußten vorallem durch Wasserbeschaffung in Eimerketten beim Löschen helfen.














Die Bürger waren für den Brandfall namentlich eingeteilt und hatten sich je nach Ausbruch des Brandes innerhalb oder außerhalb der Mauern an vorgesehenen Plätzen einzufinden. Man begann meist sehr schnell mit dem Einreissen von einzelnen Häusern im Abstand zum Brandherd, damit derselbe auf möglichst kleinem Raum lokalisiert blieb. Wurde das Feuer durch ein eingerissenes Haus aufgehalten, so wurde dieses von der Stadt bezahlt. Im anderen Falle, wenn das Feuer die Gasse übersprang, bekam der Hausbesitzer nichts, denn so die damalige Logik: Das Haus wäre ja sowieso abgebrannt.

Im Jahre 1787 erstellte der Stadtrat eine neue umfangreiche Feuerordnung, die noch heute erhalten ist und im wesentlichen die gleiche Vorgehensweise enthält wie die erste Satzung von 1527. Zusätzlich war jedoch viermal jährlich in allen Häusern eine Feuerschau vom Stadtbaumeister durchzuführen, bei der alle Feuerstellen genau kontrolliert wurden. Bei Neubauten und Umbauten mußten die ausführenden Handwerker einen genauen Bericht an den Bürgermeister geben.

Beim Brandausbruch wurde von allen Glocken "Sturm" geläutet und in den Nebenorten mußte der Tambour mit der Trommel "Rebell" schlagen. Ferner sandte man Feuerreiter aus, um aus der Nachbarschaft Hilfe herbeizuholen. Im 18. Jahrhundert hat man die erste Feuerspritze in der Stadt eingesetzt, die jedoch noch keine gute technische Leistung aufgewiesen haben durfte. Immer noch war die Feuerlöschmannschaft unmittelbar dem Bürgermeister unterstellt. Es herrschte jedoch vor allem eine schlechte Ausbildung an der Spritze und dies ergab keine wirkungsvolle Brandbekämpfung. Um diesen Mißständen vorzubeugen, erwog man um 1850 die Aufstellung einer eigenen Feuerwehr, insbesondere nachdem 1842 ein Großbrand die gesamte Oberstadt zwischen Nikolauskirche und Obertor vernichtet hatte. Letztlich hatte nur der nachlassende Wind ein Obergreifen des Brandes auf die gesamte Stadt verhindert.

Bei diesem schrecklichen Unglück wurden 78 Gebäude zerstört oder schwer beschädigt und 99 Familien mit 349 Personen obdachlos. Auch Gebäude der Stadt, das Rathaus, die Schule und die Stadtkanzlei wurden zerstört bzw. beschädigt. Der Kirchturm brannte völlig aus, ebenso Obertorturm und Hölltor. Der Gesamtschaden an Gebäuden betrug 108.475 Gulden, wozu ein Fahrnisschaden von 119.000 Gulden kam, der nur zu 25 % durch Brandversicherungen gedeckt war. Eine Welle der Hilfsbereitschaft ging durch das Land und zahlreiche Spenden brachten die Mittel zusammen, den Aufbau der Oberstadt wieder unmittelbar zu beginnen. Bereits 1 Jahr später waren fast alle Privat- häuser wieder aufgebaut und dann wurden auch die Öffentlichen Gebäude wieder instand gesetzt. Erst an Weihnachten 1845 läutete wieder das Geläute von St. Nikolaus, dessen große Glocke aus dem geschmolzenen Erz des alten Geläutes gegossen worden war. Kornhaus, Schlachthaus, Hölltor und Obertorwurden nicht mehr aufgebaut. Die beiden Türme wurden bis auf die Grundmauern abgetragen und mit ihnen waren eindringliche Wahrzeichen des mittelalterlichen Städtebildes verschwunden.

Nachdem im Oktober 1860 eine Feuerlöschordnung und a spezielle Statuten für eine freiwillige Feuerwehr und vom Bezirksamt Überlingen genehmigt waren, vereidigte man am 7. Dezember des gleichen Jahres sechs leitende Feuerwehrmänner. Es waren dies der künftige Kommandant Karl Mangold, Apotheker, seine beiden Stellvertreter, sowie auch die drei Obmänner in Bergheim, Möggenweiler und Wangen. Am 12. Mai 1861 teilte sodann Kommandant Karl Mangold dem Bürgermeister in einem Brief offiziell mit: "Von heute an übernimmt das hiesige freiwillige Feuerwehr-Corps den Dienst bei Brandunglücken in und außerhalb der Stadt." Dies war die eigentliche Geburtsstunde der Markdorfer Freiwilligen Feuerwehr. Die Ausrüstung im Wert von 875 Gulden wurde von der Stadt bezahlt, die auch zur Bestreitung der laufenden Kosten jährlich einen Betrag von rund 100 Gulden zur Verfügung stellte, der jedoch nicht ausreichte. Es waren zwei Pumpenspritzen mit jeweils 27 Mann Bedienung vorhanden und die noch vorhandenen Angaben über die Förderleistung und Spritzhöhe wiesen beachtliche Werte auf.

Bis 1893 bestand neben der Freiwilligen Feuerwehr noch eine eigene städtische Löschmannschaft, doch wurde diese dann aufgelöst, weil die Freiwillige Feuerwehrmannschaft schneller und schlagkräftiger bei der Brandbekämpfung war. Neben dem persönlichen Einsatz der Männer in der Freiwilligen Feuerwehr leisteten sie auch noch unmittelbare persönliche Beiträge innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr. So wurden die Uniformen von den Mitgliedern selbst angeschafft und weitere Ausrüstungen aus persönlich aufgebrachten Geldmitteln bezahlt. Immer wieder gab es bis vor dem 1. WeItkrieg hierzu ärgerliche Auseinandersetzungen mit der recht sparsamen Stadtverwaltung. Das änderte sich erst, als durch die Einführung der Feuerschutzabgabe von allen Bewohnern eine feste Bezahlung aller Unkosten durch die Stadt eingeführt wurde.

Welch technische Weiterentwicklung, insbesonders in den letzten 25 Jahren geschah und wie sich der Feuerwehreinsatz auf weitere Bereiche, vor allem im Straßenverkehr, ausdehnte, steht an anderer Stelle dieser Schrift.

Was können jedoch geschichtliche Berichte und technische Daten ausdrücken, verglichen mit dem unermüdlichen Einsatz für Leib und Gut der Nächsten in einer 125jährigen Geschichte? Ein Wort des Dankes soll daher als Letztes all den Männern von der Feuerwehr für ihren selbstlosen Einsatz in der Vergangenheit und für die Zukunft gelten.